Meine Schullaufbahn war geprägt von der zunächst amtsärztlich attestierten „Bildungsunfähigkeit (!)“ im regulären Einschulungsalter, gefolgt vom Besuch zweier Sonderschulen („Hilfsschule“ in Mülheim und Körperbehinderte in Düsseldorf), dann überwechselnd zu einem Modellprojekt der integrativen Beschulung in einer Realschule in Köln (siehe hier) und führte schließlich zum Abitur in einem regulären städtischen Gymnasium in Mülheim.
Dies hatte zur Folge, dass ich zwangsläufig von Mülheim an der Ruhr zwischen Düsseldorf und Köln pendelte. Allein für den Realschulbesuch in Köln mit entsprechendem Abschluss kamen so in den Jahren von 1968 bis 1974 ca. 160.000 Bahn-Kilometer zusammen! Die damals bundesweit einzige Alternative für einen gleichartigen Schulabschluß mit der zusätzlichen Möglichkeit des Abiturs wäre eine internatsmäßige Unterbringung in Hessisch-Lichtenau gewesen, was ich ablehnte.
Besagte Sonderschulen sowie Modellprojekt waren Ganztagseinrichtungen - unter diesen Umständen sind Anbahnungen oder Aufrechterhaltung sozialer und integrativer Kontakte in Mülheim an der Ruhr kaum möglich gewesen und ich entwickelte mich so zum Einzelgänger - dies sollte sich Ende 1971 durch Eintritt bei „INTEG“, einer integrativen Jugendgruppe des damaligen „Reichsbund“, inzwischen zum „Sozialverband Deutschland (SoVD)“ umbenannt, schlagartig ändern ...
Von 1974 bis 1977 besuchte ich die Luisenschule in Mülheim an der Ruhr, ein städtisches Gymnasium, das sich darauf einließ, mich integrativ zu beschulen. Mt der Schulleitung vereinbarte ich hierfür folgende Rahmenbedingungen:
Klausurarbeiten ohne Zeitbegrenzung, Bereitstellung einer elektrischen Schreibmaschine in einen separaten Raum sowie die Teilnahme am Schwimmen unter Nutzung von Schwimmflossen als Vortriebshilfsmittel, weil mir entsprechende Armbewegungen nicht möglich sind.
Als weiteres Sportfach wurde auch Rudern angeboten. Zunächst dachte ich, dies wäre für mich nicht möglich, da die Boote sehr schmal sind und durch meine unwillkürliche Bewegungen die Gefahr des Umkippens bestehen würde. Mit einem Mitschüler probierte ich aus, ob es mir doch möglich ist, diesen Sport auszuüben. Und siehe da - es klappte! Und belegte sofort auch dieses Fach.
Letztendlich bestand ich auch das Abitur!
Der Weg war nun frei für das Studium der Sozialarbeit, das ich an der Universität Essen – Gesamthochschule mit der Examensnote 1,2 im Jahr 1980 abschloss.
In meiner 313-seitigen Diplomarbeit "Sozialintegrativer Aspekt der Gestaltung einer behindertengerechten Umwelt" deckte ich unter anderem die damals drohende verkehrspolitische Tendenz, Maßnahmen zur leichteren Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittel mit dem lapidaren Verweis auf Sonderfahrdienste - die es freilich nicht überall gab und gibt - für Rollstuhlfahrer nicht (!) vorzusehen, auf. Auf diesen skandalösen Umstand machte ich bei Behindertenverbänden in entsprechend eingebrachte Resolutionen sowie Redebeiträgen auf internationalen Kongressen, die im UNO-Behindertenjahr 1981 in Wien und Göteborg (Schweden) stattfanden, aufmerksam.
Es folgte das berufspraktische Jahr zur Staatlichen Anerkennung bei der Stadtverwaltung Mülheim an der Ruhr bis Ende 1981, wo ich unter anderem 6 Monate in der Behindertenberatung im Gesundheitsamt tätig war.
Meine weitere berufliche Laufbahn war wegen der schlechten Arbeitsmarktlage vom stetigen Wechsel von befristeten Arbeitsverhältnissen (ABM oder Projekte; meist bei Behindertenverbänden in Mülheim, Bochum, Duisburg, Essen, Dortmund, Oberhausen, Düsseldorf) und Zeiten von Langzeitarbeitslosigkeit gekennzeichnet.
In der
Behindertenarbeit blicke ich einige Erfolge zurück:
durch Mitarbeit an einer Untersuchung am Lehrstuhl Verkehrswesen II der Ruhr-Universität Bochum zum Thema "Dringlichkeitsreihung für die Umrüstung der S-Bahnhaltepunkte mit Aufzugssystemen am
Beispiel des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr" und Stellungnahmen bei Anhörungen von Verkehrsausschüssen auf kommunaler und Landesebene (siehe Ausschußprotokoll) sowie Verkehrsetriebe trug ich dazu bei, dass der öffentliche Personenverkehr schrittweise barriererefreier geworden ist: die Niederflurtechnik hat sich
inzwischen bei Bussen und Bahnen durchgesetzt und die Bahnhöfe der Deutschen Bahn wurden und werden mit Aufzügen ausgestattet.
Die Einrichtung
der ersten barrierefreien Telefonzelle der damaligen Bundespost in Mülheim an der Ruhr ging auf mein Wirken zurück, wie auch der Auszug einer Frau aus einer großen Behinderteneinrichtung in eine
eigene Wohnung sowie die Unterstützung und Empowerment eines Werkstatt-Beschäftigten zum Übergang auf dem Arbeitsmarkt.
Man kann mich als Vater der "Deutzer Erklärung" - unten einsehbar - bezeichnen: ich entwarf eine Beschlussvorlage, die von den Teilnehmern des "3. Alternativen Werkstättentag" unter dem
Motto "Nur wer sich bewegt, kommt auch voran! Die Werkstatt für behinderte Menschen im Umbruch" im November 2006 in Köln einstimmig verabschiedet wurde; an der entsprechenden Dokumentation wirkte ich
ebenfalls redaktionell mit.
Seit 1986 betreibe ich auch den Tauchsport und richtete hierzu www.behindertentauchen.de ein, die schließlich dazu führte, das ich 2003 zum deutschen PR-Manager der IAHD, einer internationalen Behindertentauchorganisation mit Sitz in den Niederlanden ernannt wurde und wenig später auch Mitbegründer und 2. Vorsitzender eines Fördervereins für Behindertentauchen in Deutschland.
In beiden Organisationen war ich Ko-Ausbilder für Tauchlehrer zum Behindertentauchlehrer (auch für Tauchbasen in Ägypten und Polen) sowie als Ko-Anleiter bei Schnuppertauch-Events
tätig. Persönliche Gründe führten allerdings zum Austritt aus besagten Vereinen, Natürlich verfolge ich weiterhin die Entwicklung des Behindertentauchens, zumal ich aufgrund meiner Homepage Anfragen
wegen Examensarbeiten sowie nach entsprechender Literatur (die allerdings noch sehr dünn besät ist) etc. bekomme.
Um weiterhin Menschen mit Behinderung beraten und unterstützen zu können, habe ich dieses Portal eingerichtet. So bleibe ich - inzwischen Rentner - immer auf den neusten Entwicklungsstand. Im Hintergrund habe ich hierbei langjährige Mitgliedschaften beim „Sozialverband Deutschland e.V.“ und dem „Forum selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V. (ForseA)“. Beim Sozialverband übte ich ehrenamtlich Geschäftsführende Vorstandstätigkeiten in Mülheim und Essen sowie auf NRW-Landesebene bis Mitte der 1980-er Jahre aus; eine spektakuläre Bahnaktion, in der Rollstuhlfahrer mit großer Medienbegleitung von Düsseldorf bis Dortmund fuhren, und so auf die Barrierefeindlichkeit der unterschiedlichen schienengebundenen Verkehrssysteme aufmerksam zu machen, trägt beispielsweise meine Handschrift.
Als Co-Autor des Buches "Von Behinderung befreit", das im Kohlhammer-Verlag erschienen ist, beschreibe ich meine wahrhaftige Bildungsodyssee und beleuchte zudem die entsprechenden geschichtliche sowie politische Hintergründe: Ankündigung des Buches "Von Behinderung befreit"